Eineinhalb Stunden noch bis zu meinem nächsten Termin. Ich will das herrliche Wetter unbedingt nutzen und einen ausgiebigen Spaziergang mit den Hunden unternehmen. Das bedeutet: Zum Kochen reicht die Zeit nicht.
Deshalb stehe ich jetzt beim Bäcker und begutachte die Sandwichauswahl. Dieses hier, vorne links, soll es sein. Ein knuspriges Brötchen aus dunklem Mehl. Bezüglich der Teigsorten gibt es bei mir eine klare Hierarchie: Die aus milchig-weissem Teig gebackenen Schweizer Weggli, mit ihrer glatten Oberfläche wie ein Babypoppo, stehen auf der Bedürfnisskala ganz hinten. Kurz vor Verhungern. Bei den Semmeli fängt die Freude an. Auch ein Baguette Rustico liegt durchaus drin. Oder ein Kernenbrötli mit leckerem Belag. Ciabatta ginge in Ordnung, wird hierzulande aber eher zum Salat gereicht. Silser Brötchen (Laugen) sind zwischendurch eine willkommene Abwechslung. Die Bürli sind mir dann meist wieder zu gross und hart. Aber besser als Weggli!
"Dörf's no öppis meh si?" - Darf es noch etwas mehr sein?
fragt die Backfachfrau freundlich. Ja, wenn ich es mir recht überlege...das Coaching heute Abend wird länger. Vielleicht noch eine Obstwähe, zur präventiven Stärkung?
Gut gerüstet und herzhaft in mein Brötchen beissend, schlendere ich fünf Minuten später durch die Landschaft, die ich normaler Weise fotografiere. Wenn ich nicht grad die Hände voll hab.
Während die Hunde vergnügt von einem olfaktorischen Highlight zum nächsten wuseln, hänge ich meinen Gedanken nach.
"Was wünschen Sie?"
Die erste Frage der Bäckerin. Wir kennen das alle, sind damit aufgewachsen. Und dann, nachdem ich mein Brötchen gewählt habe, schiebt sie freundlich nach:
"Darf es noch etwas mehr sein?"
Und ja, sie hat nochmals Erfolg und ich kaufe ein zusätzliches Teigteil, an das ich beim Betreten der Bäckerei noch gar nicht gedacht hatte.
Wer würde der Bäckereiverkäuferin unterstellen, sie sei aufdringlich?
Wohl niemand, oder? Die meisten Menschen verbinden Bäckereien mit einem Ort wohlduftender Glücksgefühle und sind gerne dort.
Was wäre passiert, wenn ich auf die zweite Frage, "Dörfs no öppis meh si?" geantwortet hätte: "Nein, danke, das wärs". Natürlich nichts, wirst du antworten. Du wirst freundlich verabschiedet und ziehst glücklich deiner Wege. Exakt. So ist es.
Das war purer, reiner, direkter Verkauf.
Kein Social Selling wie vielleicht in Amerika ("I love your earrings, honey"). Die Verkäuferin hat auch nicht einfach "Grüezi" gesagt und gewartet ("Ich will meine Kunden doch nicht überrumpeln!"). Sie hat schlicht und ergreifend gefragt.
"...mit Schinke und Guike"
Das war ich, vor 30 Jahren, bei der Sandwich-Bestellung. Das typisch pfälzisch nicht ausgesprochene R in der GuRke führte dazu, dass die schweizer Verkäuferin nicht verstand, was ich wollte. Sie fand es aber heraus und konnte mir am Ende ein Angebot machen. Habe ich ihr Nachfragen als unangenehm empfunden? Nö.
Liebst du es, ein schönes Verkaufsgespräch zu führen?
Den Artikel findest du ebenfalls auf LinkedIn, nämlich hier.
Ich wünsche dir Wohlstand in jeder Hinsicht, deine Chris.
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