Ich mache mit bei der Blogparade von Heike Schmidt, in der sie aufruft "Nicht gut genug. Ist das wirklich wahr?" Dieses Thema empfinde ich als sehr wichtig, weil es - vor allem unter uns Frauen - sehr viele betrifft.
Eigene Erfahrungen
Als Kind wuchs ich in einer sehr kritischen Umgebung auf. In Süddeutschland heisst es ja zuweilen, etwas süffisant: "Nicht gemotzt ist schon gelobt". In meiner Familie war Bewertung an der Tagesordnung. Meine Haare waren zu dünn, handwerklich hatte ich "zwei linke Hände" und "du machst ja eh nie etwas fertig" war mir eine vertraute Ansprache.
Meine Eltern wollten mich mit ihrer "gutgemeinten Kritik" vermutlich anspornen. Das ist tatsächlich gelungen, auf eine schräge Weise. Ich wuchs zu einer jungen Frau heran, die sich immens anstrengte, um die Dinge richtig zu machen. Gleichzeitig hatte ich verinnerlicht, dass ich dieses wirklich richtig nie erreichen könnte.
Um das Ganze noch etwas glitschiger zu gestalten in meiner inneren Welt, gesellte sich der gegenteilige Glaubenssatz "Du kannst alles erreichen, wenn du dich nur genug anstrengst" dazu. Haha, die Nudelsuppe in meinem Kopf war angerichtet und setzte mich auf einen Pfad wie Sisyphos: immer schön den Felsblock den Berg hinaufwälzen, nur um dann zuzusehen, wie er wieder ins Tal hinabrollt.
Beruflich bemerkte ich sehr lange nicht, wie mich diese Gedanken - die ich für "die Wahrheit" hielt - beeinflussten. Ich glaubte jedem (Chef), der mir sagte, ich müsse erst noch "x" und "y", bevor ich eine interessantere Position einnehmen, mehr Geld verdienen, an diesem Projekt teilnehmen etc. könne.
Bulls*it! Das ist eine übliche Ausrede, mit der Vorgesetze ihre selbstunsicheren Mitarbeitenden ganz schön lange bei der Stange halten und immer noch mehr und mehr fordern können. Natürlich, ohne dass auch eine Lohnerhöhung oder Beförderung dabei herausschaut.
Berufliche Konsequenzen
Eine Mischung aus der Tatsache, dass ich eine Scanner-Persönlichkeit bin, meine unbewussten "ich bin (noch) nicht genug" Glaubensätze und die Erfahrung, dass ich mir beruflich den Kopf immer wieder an der berühmten Glasdecke stiess, führte dazu, dass ich heute tatsächlich vier verschiedene Ausbildungen habe.
In meinen Jahren als Finanzplanerin faszinierten mich die psychologischen Aspekte unserer Geldentscheidungen immer mehr. Ich wollte verstehen, warum das Geld zu manchen Menschen gradezu hinzufliessen schien, während andere stets den falschen Moment erwischten, um zum Beispiel Kapitalanlagen zu kaufen oder zu verkaufen. Mir begegneten sehr wohlhabende Menschen, die nachts nicht schlafen konnten aus Angst, ihr Geld zu verlieren. Und eher arme, die quitschvergnügt schienen und sich überhaupt nicht bewusst, in welches Desaster sie ihr finanzielles Leben grade manövrierten.
Mein nächster Berufswunsch stand fest: Ich wollte "Money-Coach" werden! Obwohl ich fast ein Jahrzehnt Erfahrung auf dem Buckel hatte und einen eidgenössichen Fachausweis als Finanzplanerin mein Eigen nannte, getraute ich mich nicht, direkt loszulegen. Ich musste doch erst noch das Coachen lernen!
Das war, nebenbei bemerkt, ein Witz. Damals, anfangs der 2000er Jahre, war die Berufsbezeichnung "Coach" noch gar nicht in unseren Breitengraden angekommen und ich wurde stets gefragt: "Ein Coach? Welches Team trainierst du denn?" Nichts könnte ferner liegen, als dass ich, Christine Collet, irgendein Sportteam irgendwohin hätte trainieren können. Ich bin schon froh, wenn ich nicht über meine eigenen Füsse stolpere!
Dann kam diese Stellenanzeige. Für arbeitssuchende Menschen wurde eine Pädagogin oder ein Psychologe gesucht, die als Jobcoach bei der erfolgreichen Wiedereingliederung in den Arbeitmarkt helfen würden. Das war mein Job! Ich hatte meine Lehrstelle im Deutschland der 80ziger Jahre trotz über 300 Mitbewerbenden (die Babyboomer-Jahre lassen grüssen) erhalten. Wenn es um's erfolgreiche Bewerben ging, kannte ich mich aus! Die Tatsache, dass eine psychologisch und nicht betriebswirtschaftlich ausgebildete Person gesucht wurde, übersah ich geflissentlich. Den noch fehlenden Abschluss als Erwachsenenbildnerin, der gefordert war, versprach ich grossmundig auf Anfang des nächsten Jahres.
Euphorisch versandte ich meine phantastische Bewerbung. Höflich erhielt ich postwendend eine Absage. Welche ich so nicht stehen lassen konnte. Es folgte einiges an hin und her - das ist Stoff für eine andere Geschichte. Schlussendlich landete ich den zweiten erfolgreichen Quereinstieg meiner bisherigen Berufslaufbahn: Ich wurde Jobcoach. Selbstredend, dass ich im nächsten Jahr den schweizerischen Abschluss "SVEB 1 - Lernveranstaltungen für Erwachsene durchführen" erlangte. Mein inneres ich-bin-nicht-gut-genug und der bare Lernwille in dieser neuen, für mich so faszinierenden Profession führten dazu, dass ich von 2007 bis 2009 meine erste Coaching-Ausbildung besuchte und - tatata! - sogar mit dem besten Abschluss in meiner Lehrdurchgang beendete.
Mit den Tätigkeiten als Coach und Kursleiterin habe ich definitiv meinen Traumberuf gefunden. Der Wissensdurst - oder das innere Nicht-genug-sein? - hielt jedoch an. So absolvierte ich von 2017 bis 2019 noch die Ausbildung als zertifizierte Mindfuck-Coach bei Dr. Petra Bock in Berlin.
Und erst dann, ab 2018, traute ich mich endlich in die berufliche Selbständigkeit! Ich fühlte mich einigermassen "genug", um die Hoffnung zu haben, dass jemand meine ganz persönliche Coaching-Dienstleistung - ohne einen Arbeitgeber im Rücken - würde haben wollen.
Fazit
Der innere Glaubenssatz "Ich bin nicht gut genug" begegnet mir auch bei meinen Coaching-Kunden immer wieder. Heute verfüge ich über viele Tools, um die Glaubenssätze meiner Kund:innen positiv zu drehen. Niemand braucht einen jahrzehntelangen Umweg, bevor er endlich seine Träume verwirklichen darf!
Liebe Chris,
die Zusammenfassung meiner Blogparade ist nun online. Hier kannst du sie lesen: https://gewohnheiten-wandeln.de/12-meinungen-zu-nicht-gut-genug/
Herzlichen Dank für dein Mitmachen.
Gute Grüße zu dir
Heike
www.gewohnheiten-wandel.de
Liebe Chris,
ich freue mich sehr, dass dich mein Blogparadenthema angesprochen hat. Und danke für deine Reflexionen dazu. Ich finde die »gut gemeinte Kritik«, die uns dann als Erwachsene noch so lange am Haken hat, ein anschauliches Beispiel dafür, wie sich »nicht gut genug« in uns einnisten kann.
Auch deine beruflichen Beispiele zeigen gut auf, dass ein Glaubenssatz immer wieder neu infrage gestellt und überwunden werden darf!
Danke für die Mut machenden Worte!
Grüße zu dir
Heike
https://gewohnheiten-wandeln.de
Liebe Chris, ein toller Blogartikel, der mit vielen eigenen Beispielen bespickt ist und damit auch klarmacht, ich bin nicht alleine, wenn ich einen solchen Glaubenssatz habe. Deshalb ist es so wichtig, immer wieder über solchen Themen zu sprechen und aufzuklären. Alles Gute Claudia https://starknachtrennung.de/